Leichenschmaus by Glaser Brigitte
Autor:Glaser, Brigitte [Glaser, Brigitte]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi
ISBN: 9783863583224
Herausgeber: Emons
veröffentlicht: 2015-03-04T16:00:00+00:00
Die Aussicht auf Kaffee war verlockend, doch Adela hatte andere Pläne.
»Zum Polizeipräsidium, Ecki!«, befahl sie. »Wir müssen sofort diesen Fischer informieren, damit Müngers nicht abhauen kann!«
»Meinst, der ist schon im Büro? Um sechs Uhr in der Früh?« Ecki startete den Wagen.
In manchen der ärmlichen Siedlungshäusern in der Manteuffelstraße brannte schon Licht, aber auf der Straße war niemand zu sehen. Eine dicke Türkin schüttete einen Eimer Putzwasser in einen Gully der Kalk-Mülheimer-Straße. Auf der Kalker Hauptstraße hetzten vereinzelte Gestalten zur U-Bahn. Vor der Kaffeebud an der Kalker Post lungerten ein paar Junkies herum. Zwanzig Meter weiter sah man die Brache der ehemaligen Chemischen Fabrik Kalk, von der jetzt nur noch der alte Wasserturm übrig war. Am westlichen Ende dieses öden Geländes strahlte ein einziger Neubau Zukunftswille für diesen gebeutelten Stadtteil aus. Dieses strenge Bürogebäude beherbergte aber keine Firma, die den Kalkern neue Arbeitsplätze besorgte. Es war das neue Kölner Polizeipräsidium.
Die Empfangshalle erinnerte an eine Versicherung. Ein großer, hoher, karger Raum, in dem links der Empfang war und es rechts in eine Cafeteria ging. Adela stolzierte zu dem Beamten am Empfang. Fischer war tatsächlich schon im Hause. Der Pförtner meldete uns an, und wir fuhren mit dem Aufzug in den vierten Stock. Ecki wollte unten auf uns warten.
Den Geruch von Neubau, Desinfektionsmittel und kaltem Schweiß überlagerte an diesem Morgen der Duft von frischem Kaffee. In jedem Raum ratterte eine Kaffeemaschine, jeder der an uns vorbeikam, hielt eine Tasse in der Hand. Fischer war nicht in seinem Büro. Wir warteten auf dem Flur, bis der lange Speckmantel herangeweht kam, im Mund eine seiner Selbstgedrehten und in der Hand einen Riesenpott Kaffee.
»Sterneköche schlafen doch immer bis mittags. Was hat Sie so früh aus dem Bett geworfen?« Er öffnete die Tür zu seinem Büro, warf mit einer geübten Bewegung seinen Mantel über den Kleiderhaken und sah mich dann eher müde als neugierig an.
»Wenn ich nicht sofort einen Kaffee bekomme, kippe ich aus den Latschen«, sagte ich.
»Im Nebenzimmer steht eine Kaffeemaschine. Bedienen Sie sich.«
Es dauerte, bis ich zwei saubere Tassen gefunden hatte, und als ich zurückkam, erzählte Adela bereits unsere Geschichte. Die schlaflose Nacht hatte sie im Gegensatz zu mir keineswegs müde gemacht. Ich nehme an, es war der Triumph, mit ihrem Verdacht richtig gelegen zu haben, der sie so munter sein ließ. Ich reichte ihr eine Tasse Kaffe, lehnte mich mit meiner an die Wand und ließ sie reden. Sie erzählte, wie gut sie Schwertfeger gekannt und dass sie die Leidenschaft für alte Autos mit ihm geteilt habe. Ab dann beschönigte sie einiges. Das Entleihen der Akten ließ sie weg. Gestern Nacht wären wir ganz zufällig an Schwertfegers Halle vorbeigefahren und durch die offene Hofeinfahrt stutzig geworden. Wir hätten nur nachsehen wollen, ob alles in Ordnung wäre. Ein dringender Toilettenbesuch meinerseits wäre der Grund gewesen, weshalb wir das offene Büro überhaupt betreten hätten, und dann hätte uns ein verdächtiges Geräusch in die Halle eilen lassen.
»Wir dachten, dass es besser wäre, mal nachzusehen«, sagte sie freundlich lächelnd.
Fischer unterbrach sie kein einziges Mal. Er hatte seinen Stuhl nach hinten gekippt, die Füße bequem auf eine Schreibtischecke gelegt und hörte zu.
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